Unsere (etwas andere) Studienfahrt
nach Auschwitz im Januar 2020
Lesen Sie jetzt einen Artikel von Paula-Marie Krause (10 B) über die Auschwitzfahrt in diesem Jahr. (Auf das Bild klicken, um es zu vergrößern)
Sonntag, 12.01.20
Am Sonntag den 12. Januar 2020 trafen wir uns um 05:15 Uhr an der Schule. Von Dortmund aus flogen wir dann nach Katowice. Es war noch Vormittag, als wir ankamen, so konnten wir uns in Ruhe in der kleinen Stadt Oświęcim (so heißt Auschwitz eigentlich) eine Synagoge mit einem Museum und die Stadt anschauen. In der Synagoge lernten wir verschiedenen Merkmale der jüdischen Religion kennen. Viele fanden es sehr interessant, da die meisten noch nie in einer jüdischen Kirche waren.
Montag, 13.01.20
Der darauffolgende Tag zeigte sich als ebenso lehrreich. Heute gingen wir in das Stammlager (Auschwitz 1). Dieser tragische Ort war in gerade einmal 10 Minuten Fußweg zu erreichen. Um 8 Uhr liefen wir los. Nachdem wir durch die Kontrollen waren, teilten wir uns in den vorher besprochenen Gruppen (je 20 Per.) auf. Jede Gruppe bekam einen von der Gedenkstätte gestellten Guide. Wir hatten sehr gute Guides, sie führten uns durch das Stammlager und ermöglichten uns Einblicke, wie das Leben der zu Unrecht verurteilten Häftlinge aussah.
Das Stammlager 1 besitzt mehrere Blöcke (bis über 20). In einigen sind die unfassbaren Dinge zu sehen, die die Nazis mit den Häftlingen gemacht haben. In anderen Blöcken befinden sich Ausstellungen von verschiedenen Ländern. Besonders schlimm für mich war der Raum mit den Fotos der Inhaftierten und die Gaskammer mit den Verbrennungsöfen.
Nach dem Mittagessen kehrten wir zurück in die Gedenkstätte, damit wir uns das Stammlager in kleinen Gruppen und in unserem eigenen Tempo noch einmal anschauen konnten. Dies war eine sehr gute Idee, da man am Morgen bei der Führung nicht immer die Zeit hatte alles zu sehen oder an gewissen Orten zu trauern, wie z.B. an der Todesmauer. Hier haben meine Freundin und ich eine Kerze aufgestellt, um den dort Ermordeten den nötigen Respekt zu zeigen! Als der Tag vorbei war, trafen wir uns alle zusammen in einem Gemeinschaftsraum im Hotel, um unseren Tagesrückblick zu starten. Dies machten wir jeden Tag, was sehr wichtig war, denn es half uns das Undenkbare zu verarbeiten. Und besonders wichtig: Man war nie allein!
Am Dienstag fuhren wir mit dem Bus ins Vernichtungslager Birkenau (Auschwitz 2). Es war das größte Vernichtungslager und ist der größte Friedhof der Welt. Die Größe war gar nicht zu erfassen! Hier haben wir uns zusammen in den aufgeteilten Gruppen und den dazugehörigen Guides die Baracken und die Wiese, die früher als Scheiterhaufen genutzt worden ist, angeschaut (und vieles mehr…).
Unsere Führung endete am ,,Aschesee“. Es war ein sehr kleiner überschaubarer See mit vielen Bäumen daneben. In diesem See liegt ein Großteil der Asche von den grausam ermordeten Menschen. Die Dame, die uns führte, regte mich und auch sicher andere sehr zum Nachdenken an, als sie uns erzählte, dass die Bäume hier schon damals standen und jede scheußliche Tat miterlebt hatten und wenn sie reden könnten würden sie uns erzählen was passiert war, aber sie ist sich nicht sicher, ob wir dies hören möchten.
Selbstverständlich nahm jeder diesen Ort anders wahr. Ich empfand während der ganzen Fahrt über ein bedrückendes Gefühl und eine Art „emotionale Schlappheit“. An diesem Ort jedoch hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass die Verstorbenen ihren Frieden gefunden haben. Vielleicht, weil es Menschen gibt, die daraus lernen und es jederzeit verhindern würden, falls wieder eine Gefahr bestehen würde. Hoffentlich!!!
Mittwoch, 15.01.20
Vormittags gingen wir in unseren zwei Gruppen noch einmal ins Stammlager zu zwei Workshops. Wir hatten die Wahl zwischen „Kunst im Lager“ oder „Fluchtversuche aus dem Lager“. Die Workshops waren informativ, aber auch etwas langatmig.
Nachmittags sahen wir dann alle zusammen eine sehr ergreifende Dokumentation über Überlebende des Sonderkommandos. Diese hat viele von uns sehr traurig gemacht, weil uns noch einmal klar wurde, was diese armen Menschen erleiden mussten. Nach dem Film hatten wir Zeit für uns, was viel einfach zum Reden und miteinander sein genutzt haben. Was wichtig für uns war uns sehr gutgetan hat. Jeder konnte so auch anders mit den Eindrücken umgehen.
Wir hatten uns dazu entschieden eine Abschlusszeremonie zu halten. Nach dem Essen gegen 20 Uhr gingen wir dann los. Die Ideen, wie unsere Zeremonie aussehen sollte, hatten wir Schüler selbst ganz frei entwickelt. Wir beschlossen Abschied in der Nähe des Stammlagers an einem Denkmal zu nehmen. An dieser Stelle wurden die vielen Menschen, die Auschwitz zwar überlebten, aber in den Wochen nach ihrer Befreiung an Schwäche und Krankheiten starben, in einem großen Grab beerdigt. Nach einer kurzen Rede stellten wir ein ewiges Licht vor die Gedenktafel und legten eine Schweigeminute ein. Wobei jeder von uns selbst die Länge für sich entscheiden konnte, damit jeder für sich Abschied nehmen konnte.
Donnerstag, 16.01.20
Am frühen Morgen, nach dem Frühstück, sind wir mit dem Reisebus nach Krakau (polnisch: Krakow) gefahren. Als wir am Hotel ankamen, stellten wir unser Gepäck ab und fuhren direkt weiter in das jüdische Viertel Kazimierz. Hier bekamen wir erneut eine interessante Führung durch dieses alte Viertel, den ehemaligen Königssitz Wawel und auch die Metropole Krakau. Besonders gut gefiel uns die Burg Wawel und der Marienplatz, mitten im Zentrum von Krakau. Nach der Führung, gegen Mittag, konnten wir selbst allein die Stadt erkunden und etwas essen, wobei wir vorher einige Tipps bekommen hatten, wo es etwas Leckeres gibt. Hiernach trafen wir uns dann bei einem Museum im Viertel Kazimierz, wo wir eine wundervolle Frau kennenlernten, unsere Zeitzeugin, Frau Rena Rach.
Sie erzählte uns, wie es damals war im Krakauer-Ghetto aufgewachsen zu sein. Dies bewegte mich und sicherlich auch viele meiner Mitschüler am meisten. Nach diesem sehr traurigen und gleichzeitig schönen Zeitzeugengespräch (weil sie so positiv war), konnten wir uns noch ein wenig das Viertel anschauen, bevor wir dann in einem jüdischen Restaurant zusammen essen waren. Während des Essens bekamen wir ein Live-Konzert mit typisch jüdischer Musik, was lustig aber auch für die meisten von uns neu war.
Am nächsten Tag hatten wir noch einmal eine sehr gute Abschlussrunde. Unsere Gesprächsthemen hielten sich an Fragen, wie „Was haben wir von diesem Ort mitgenommen?“ „Hat sich unser Blickwinkel verändert und wenn ja inwiefern?“ Direkt danach sind wir mit der Bahn zum Flughafen von Krakau gefahren. Hier wurden wir mit ein paar Schwierigkeiten konfrontiert. Erst einmal hatte unser Flug bis zu drei Stunden Verspätung. Und nachdem dann schließlich alle Flüge wegen Nebels komplett gecancelt wurden und wir somit viele Stunden am Flughafen verbrachten, waren wir etwas frustriert und ratlos. Jedoch hatten wir das große Glück so bemerkenswert gute Lehrer/innen mitgehabt zu haben, die sich in all der Hektik dort sehr gut um uns und auch um eine Unterkunft und Essen für die kommende Nacht gekümmert hatten. So konnten wir schließlich sogar noch einen Geburtstag feiern und alle zusammen Pizza im Foyer des Hotels essen, bevor wir alle erschöpft einschliefen. Was verrückt aber auch richtig schön war!
Samstag, 18.01.20
Letztendlich sind wir dann mit einem Reisebus zurück nach Hause gefahren, weil der nächste Flug erst am Sonntag möglich gewesen wäre. Nach 15 Stunden mit dem Bus und einem längeren Stopp inklusive eines „Überfalls“ bei MC Donalds 😊 (den die Lehrer uns bezahlt haben!!!) kamen wir dann endlich gegen Mitternacht glücklich in Duisburg an der Schule an.
Fazit der Studienfahrt:
Schlussendlich kann ich sagen, dass es eine sehr interessante, spannende und natürlich auch emotional anstrengende Reise war, die sich voll und ganz gelohnt hat! Ich konnte viel mehr verstehen, wie es gewesen sein muss in so einer schrecklichen Zeit gelebt zu haben. Jedoch wirklich fassen, was damals passiert ist, denke ich, kann man nie ganz. Am wichtigsten ist es zu wissen, wie solche Situationen entstehen können, um sie rechtzeitig verhindern zu können. Man sollte den Mut haben sich selbst und unabhängig seine eigene Meinung zu bilden und sich trauen zu dieser zu stehen! Wir können das, was passiert ist nicht rückgängig machen, aber wir können und sollten die Zukunft mit dem Wissen, was im dritten Reich geschah, beeinflussen.
Ich empfehle diese Fahrt jedem, der die Chance dazu hat!
Paula-Marie Krause 10 B